Über ZALKAL#
Applikationslabor#
Das Paul-Drude-Institut verfügt über 30 Jahre Erfahrung auf dem Gebiet der Kathodolumineszenz (CL)-Spektroskopie, die das von Halbleitern unter Elektronenbestrahlung emittierte Licht analysiert. Das Licht wird ausgesandt, wenn Ladungsträger (Elektronen und Löcher) rekombinieren, und seine Wellenlänge wird unter anderem durch die Bandlücke des Halbleiters bestimmt. Basierend auf einem Rasterelektronenmikroskop (REM) bietet dies die Möglichkeit, Eigenschaften von Halbleiterstrukturen mit extrem hoher räumlicher und spektraler Auflösung zu untersuchen. Dies erlaubt zum einen ein detaillierteres Verständnis von strukturellen Defekten in der Kristallstruktur, da diese die Lichtemission beeinflussen und somit deren Einfluss auf gewünschte Eigenschaften untersucht werden kann. Andererseits können nanoskopische Strukturen untersucht werden, die in den Halbleiter eingearbeitet wurden, um seine Funktionalität zu beeinflussen. Entscheidend für ein umfassendes Verständnis, wo in den Strukturen Ladungsträger verloren gehen, d.h. Effizienz verloren geht, sind jedoch Kenntnisse über die Dynamik, d.h. das zeitliche Verhalten der Ladungsträger, die mit einem klassischen CL-System nicht untersucht werden können. Die erforderliche hohe zeitliche Auflösung wird durch das Pulsen des Elektronenstrahls auf einer Pikosekunden-Zeitskala in Kombination mit ultraschnellen Detektoren erreicht.
Das PDI baut derzeit ein Applikationslabor für zeitaufgelöste Kathodolumineszenzspektroskopie (ZALKAL) auf. Ziel ist es die bestmögliche örtliche, spektrale und zeitliche Auflösung zu bieten, wobei die gewählten Detektoren für ultraviolette Wellenlängen bis hinunter zu etwa 180 nm optimiert sind. Aber auch der sichtbare und der nahinfrarote Spektralbereich werden abgedeckt, so dass ein breites Palette an Materialien untersucht werden kann. Das System wird in der Lage sein, klassische Halbleiter-Dünnschichten und Heterostrukturen, 2D-Materialien sowie 3D-Nanostrukturen zu messen. Damit kann es zu einem breiten Spektrum der Forschungsaktivitäten am PDI beitragen. Wir werden aber auch eng mit anderen Forschungsinstituten und akademischen Partnern zusammenarbeiten, die in Berlin und darüber hinaus an Halbleitern arbeiten, sowie mit Unternehmen, die Bedarf für diese Kombination von spektralem und zeitaufgelöstem Lumineszenz-Mapping haben. Unter Nutzung der bestehenden Infrastruktur des analytischen REM-Labors können die Messungen mit Karten der Zusammensetzung (energiedispersive Röntgenspektroskopie, EDX), der Kristallstruktur (Elektronenrückstreudetektion, EBSD) und der Ladungssammlung (elektronenstrahlinduzierter Strom, EBIC) korreliert werden.
Das Applikationslabor wird vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung durch das Land Berlin (Senat) von Januar 2023 bis Dezember 2025 kofinanziert.
Grundlagen#
Rasterelektronenmikroskopie#
In einem Rasterelektronenmikroskop (REM) wird die Oberfläche einer Probe mit einem fokussierten Elektronenstrahl abgetastet. Die in der Nähe der Probenoberfläche angeregten niederenergetischen Sekundärelektronen werden von einem Detektor gemessen und damit die Probenoberfläche abgebildet. Tiefer in der Probe angeregte Sekundärelektronen werden reabsorbiert, bevor sie die Probe verlassen können. Damit lassen sich Strukturen darstellen, die aufgrund des Beugungslimits in einem Lichtmikroskop nicht sichbar wären.
Die Interaktion der einfallenden hochenergetischen Elektronen mit einem Festkörper produziert eine ganze Kaskade von Streuprozessen. Neben Sekundärelektronen wird z.B. ein Teil der Energie in Form von Röntgenstrahlung abgegeben. Dies ermöglicht weitergehende Messungen in der Elektronemikroskopie. Unter anderem erlaubt die charakteristischen Röntgenstrahlung eine Analyse der Probenzusammensetzung. Die Ausdehnung des Interaktionsvolumens, in dem diese Streuprozesse stattfinden, hängt dabei von der Energie der einfallenden Elektronen ab: je höher die Energie (Beschleunigungsspannung, in der Regel einige keV), desdo tiefer und breiter ist das Volumen in dem der Energieübertrag stattfindet. Damit ist die örtliche Auflösung bei diesen zusätzlichen Signalen geringer als bei der Oberflächenabbildung.
Schematische Darstellung eines Rasterelektronenmikroskops
Interaktionsvolumen und Signale in der Rasterelektronenmikroskopie
Kathodolumineszenz#
Halbleiter werden vom Elektronenstrahl zusätzlich zur Ausstrahlung von charakteristischem Licht angeregt, der so genannten Kathodolumineszenz (CL). Entscheidend ist hierbei, dass Halbleiter eine Bandlücke aufweisen: Wird den im Kristall gebundenen Elektronen genug Energie zugeführt um diese Bandlücke zu überwinden, wird der Halbleiter leitfähig. Dieser Anregungsprozess steht in einem Elektronenmikroskop am Ende der Anregungskaskade, da je nach Bandlücke nur einige eV benötigt werden. Deshalb kann ein einzelnes eingestrahltes Elektron mehrere hundert Leitungselektronen anregen. Geht ein solches Leitungselektron wieder in einen gebundenen Zustand im so genannten Valenzband über, so wird die entsprechende Energie freigesetzt. Diese Rekombination kann strahlend unter Aussendung eines Photons (Lichtteilchen) stattfinden oder nichstrahlend, wenn die Energie in Wärme (Gitterschwingungen) umgewandelt wird. Je nach Halbleiter entspricht die Energie der Bandlücke infrarotem (niedrige Energien), sichtbarem oder ultraviolettem (hohe Energien) Licht.
Einerseits wird die Wellenlänge (Farbe) des Lichts zusätzlich durch eingebaute Fremdatome (Dotierung) oder Kristallfehler beeinflusst. Andererseits wird in bestimmten Halbleiterstrukturen (z.B. Schichten für Leuchtdioden) die Zusammensetzung extra variiert um die Farbe des Lichts anzupassen. Der spektrale Fingerabdruck erlaubt also vielfältige Rückschlüsse auf die Qualität und Eigenschaften von Halbleiterstrukturen. Wird dieses Licht eingesammelt und in einem Spektrometer analysiert, können mit einem entsprechenden ausgestatteten Elektronenmikroskop Intensitätsänderungen und Veränderungen der Wellenlänge örtlich aufgelöst und abgebildet werden.
Schematische Darstellung der wichtigsten Komponenten eines CL-Setups
Zeitaufgelöste Spektroskopie#
Das zeitliche Abklingen eines Lumineszenzsignals nach einer kurzen (gepulsten) Anregung enthält wichtige komplemetäre Informationen über die Rekombinationsprozesse und die Eigenschaften des Halbleiters. Dieser Prozess kann in wenigen ps ablaufen oder sich über viele ns hinziehen. Neben dieser Lebensdauer (Zeitskala), ist aber auch die Form der abklingenden Intensitätsfunktion aufschlußreich und ob es mit der Zeit spektrale Verschiebungen gibt. Dies kann unter anderem dabei helfen Effizienzverluste in Halbleiterbaueelementen zu verstehen.
In einem Elektronenmikroskop gibt es zwei Möglichkeiten um eine gepulste Anregung zu erreichen. Im Applikationslabor ZALKAL werden aufgrund ihrer ergänzenden Eigenschaften beide Möglichkeiten implementiert. Dabei muss die Pulsdauer kürzer sein als die zu messende Lebensdauer:
Elektromagnetische Ablenkung des Elektronenstrahls (ultraschnelles Beam-Blanking). Durch korrekte Platzierung der Ablenkspulen und einer Blende um den abgelenkten Strahl abzuschneiden (damit dieser nicht über die Probe wandert), können hierbei Pulsdauern von unter 50 ps erreicht werden. Da hier der kontinuierliche Strahl manipuliert wird ist dieser Modus über sehr lange Zeiten stabil, die verfügbare Strahlstrom mit dem die kurzen Zeiten erreicht werden jedoch begrenzt.
Laser-initiiertes Pulsen der Elektronenquelle (Kathode). Wenn die Kathode unterhalb der Emissionsschwelle betrieben wird, kann mit einem gepulsten UV-Laserstrahl ein Elektronenpuls ausgelöst werden. Mit entsprechenden Lasern können Pulsdauern von wenigen ps (bei ZALKAL anvisiert) oder sogar einigen hundert fs erreicht werden. Hierbei muss jedoch die Justage des Lasers auf die Kathode genau stimmen und zeitlich stabil gehalten werden.
Spektral und zeitlich aufgelöste Aufnahme der Lumineszenz mit einer Streak-Kamera
Team#
Projektleitung: | Dr. Jonas Lähnemann
Postdoktoranden: | Dr. Kagiso Loeto (seit 12/2023)
Doktoranden: | Domenik Spallek (seit 06/2023) | Mikel Gómez Ruiz (seit 09/2020)
Masteranden/Praktikanten/Studentische Mitarbeiter: | Aiden Campbell (seit 09/2023) | Johannes Pietsch (06/2022-10/2023)
Projektverwaltung: | Anja Holldack